Lienhart Lanß - Tuchscherer und umsichtiger Marktrichter von Perg

Autor: Franz Pfeiffer
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Eines der Instrumente der Marktgerichtsbarkeit von Perg
war der Pranger, er trägt die Jahreszahl 1583,
ist also zu Lebzeiten von Lienhart Lanß aufgestellt worden

In Perg bestand schon im 13. Jahrhundert ein Marktgericht.

Die Satzungen, nach denen der Marktrichter zu urteilen hatte, stammen aus dem 14. Jahrhundert. Der Marktrichter hatte damals auch die Funktion eines Bürgermeisters. Bei der Einführung der Landgerichte 1810 stellte das Marktgericht seine Tätigkeit ein. Bis 1848 hatte der Markt Perg nebst dem Bürgermeister auch einen Syndikus.1)

Die Namen der Marktrichter und Bürgermeister von Perg sind zurück bis ins Jahr 1566 bekannt.2)

Lienhart (auch Leonhard) Lanß war 1596 Marktrichter von Perg. Über ihn sind uns eine Reihe biographischer Daten erhalten geblieben, die Florian Eibensteiner in jahrelanger heimatkundlicher Forschungsarbeit zusammengetragen und auch veröffentlicht hat.



Lienhart Lanß wurde 1580 Perger Bürger


Eine erste Erwähnung von Lienhart Lanß in den Ratsprotokollen erfolgte am 3. Februar 1578. Von allgemeinem Interesse ist aber die Eintragung vom 29. Februar 1580:

"Lienhart Lanß, seines Handwerks ein Tuchscherer allhier, ist Burger worden und hat an den Stab griffen, als derselbe des Thomas Weigl, Burgers Tochter, genommen."3)
Dieser Palstab kann im Heimathaus-Stadtmuseum Perg besichtigt werden

Tuchscherer war ein alter Handwerksberuf des Textilgewerbes. Die Tätigkeit des Tuchscherers war ein wichtiger Veredelungsschritt bei der Feintuchherstellung.

Mit dem Stab war der sogenannte Palstab gemeint, auch Richterstab oder Bürgerbeeidigungsstab genannt.




Post aus Tübingen


Dr. Thomas Lansius wohnte in dieser Siedlung
in Tübingen, Neckarhalde 15
Florian Eibensteiner war über eine von Benedikt Pillwein verfasste Zeitungsnotiz darauf aufmerksam geworden, dass aus einem Sohn des Marktes Perg im fernen Tübingen ein großer Gelehrter geworden war.

Demnach hatte ein Sohn des Lienhart Lanß mit Namen Thomas in der württembergischen Universitätsstadt Tübingen zunächst studiert und sich dort ab 1604 eine Existenz als Gelehrter und Professor an der bekannten Adelsschule, dem Collegium Illustre, und der Universität Tübingen aufgebaut.4)



Auch die Verdienste von dessen Vater Leonhard Lanß sind in dem Zeitungsartikel kurz dargestellt:

"Leonhard Lanß war Richter im Markte Perg. Als solcher erwies er im Bauernaufstande 1596 seine Treue und seinen Gehorsam gegen seinen Landesfürsten Kaiser Rudolph II, trat mutig den Rebellen entgegen und erhielt so den Markt seinem rechtmäßigen Herrn."5)

Eibensteiner forderte zu Beginn der 1920er-Jahre vom Universitätsbibliothekar Dr. Haering in Tübingen umfangreiche Informationen über Lienhart Lanß  und dessen Sohn Thomas an und veröffentlicht dies in der heimatkundlichen Zeitschrift "Heimatgaue".6)

Lienhard Lanß war Vater eines überaus begabten Sohnes


1596 wurde in Tübingen im Verlag des ersten deutschen Buchdruckers und Verlegers Georg Gruppenbach die

Disputation über die Grundstoffe der natürlichen Dinge

veröffentlicht.7)

Die Schrift war natürlich in lateinischer Sprache verfasst. Autor war Thomas Lansius, wie sich der etwa zwanzigjährige Student aus Perg, der Sohn von Lienhart und Anna Lanß, dort nannte.

Thomas Lanß hat diese erste Schrift seinem Vater Leonhard Lanß gewidmet und bezeichnet diesen dort als einen Mann von außergewöhnlicher Integrität und Klugheit und als ersten Senator der Stadt Perg in Oberösterreich. (lateinisch: Prudentia et intégritate animi praestanti viro, domino Leonhardo Lansio, oppidi Bergensis, quod est in Austriâ superiore, Senatori primario ....)

Die vollständige Ausgabe dieser Schrift kann unter Beachtung der Rechte der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt hier heruntergeladen werden. Disputation

Titelblatt der Disputation
Widmungsblatt der Disputation

Sammelakt über das Leben von Thomas Lansius


Ende 1657 verstarb Thomas Lansius in Tübingen. Der anlässlich seines Todes angelegte Sammelband über das Leben und die Verdienste des in der Fremde berühmt gewordenen Pergers enthält weitere Hinweise auf seine Eltern und insbesondere über Leonhard Lanß.8)

Thomas Lansius hat in seiner neuen Heimat offensichtlich viel über sie erzählt, sodass wesentliche Informationen noch rund sechzig Jahre nach dem Tod seiner Eltern Eingang in die veröffentlichte Leichenrede fand.

Lienhart Lanß erkannte bald, dass sein Sohn sich durch ungewöhnlich großes Talent auszeichnete, das sich durch Schärfe des Verstandes, Genauigkeit des Gedächtnisses und Richtigkeit des Urteils zeigte.  Er hatte Kenntnis von mancherlei Wissenschaft und unterrichtete seinen Sohn zunächst selber. Mit 14 Jahren (etwa 1591) schickte er ihn an das berühmteste Gymnasium des Landes, die Landschaftsschule in Linz, wo er große Fortschritte machte und die Schule schon mit 16 Jahren (etwa 1593) mit Empfehlungen für den Antritt höherer Studien verlassen konnte.

Die evangelische Landschaftsschule in Linz war im damals neu errichteten Haus der oberösterreichischen Stände, im heutigen Linzer Landhaus, untergebracht. Thomas Lansius wurde dort u.a. von Georg Calaminus unterrichtet. Zwei Jahrzehte später, ab1612 bis 1627, unterrichtete dort zeitweilig auch Johannes Kepler.

Zu dieser Zeit begannen sich die Verhältnisse für den Protestantismus in Oberösterreich zu dessen Ungunsten zu entwickeln. Mit Hans Jakob Löbl, Freiherr von Greinburg, war in Österreich ob der Enns 1592 erstmals wieder ein katholischer Landeshauptmann vom Kaiser bestellt und damit die Gegenreformation eingeleitet worden.

Nicht zuletzt durch den Zuspruch seiner Eltern wurde Thomas Lanß dazu bewogen, sein Vaterland zu verlassen und seine Studien im Ausland fortzusetzen. Es wird erwähnt, dass Lienhart Lanß seinem Sohn regelmäßig Briefe sandte, deren innerer Gehalt den Studenten stets auf das höchste erfreute.

Die Rolle von Lienhard Lanß im 2. Oberösterreichischen Bauernkrieg


1596 war Lienhart Lanß Marktrichter von Perg.

Lienhart Lanß zog als ausgezeichneter Mann, der stets auf das Wohl der Heimatstadt bedacht war, bald die Aufmerksamkeit seines Landesfürsten auf sich und wurde, als der zweite Bauernaufstand anno 1596 seine Wellen auch gegen das Machland vorzuschieben drohte, auf kaiserlichen Befehl an die Spitze der entschlossenen Perger gestellt.

Lanß zog 400 Bewaffnete nach Perg und in die nächste Umgebung, überall den Klippen der Unruhen mit unbeugsamem Widerstand entgegentretend und der aufgehetzten Menge aufklärend und ermahnend die Folgen ihres Beginnens vorhaltend. Er vermochte es, schlimme Ratschläge zu vereiteln, Recht und Gesetz zu schützen und Perg und das Machland vor dem Verderben rein und unverletzt zu erhalten. Auf diese Art machte sich Lanß nicht allein um seinen Heimatsort und um das Machland, sonderrn auch um Kaiser und Reich bestens verdient.

Diese Informationen aus dem erwähnten Sammelband aus Tübingen hat Florian Eibensteiner aus dem Lateinischen übersetzt und in seinem Artikel bzw. im Heimatbuch 1933 verarbeitet.

In den Ausführungen über den 2. Oberösterreichischen im Heimatbuch der Stadt Perg 2009 wird zwar Lienhart Lanß von Leopold Mayböck zwar nicht namentlich erwähnt, der Verlauf der Auseinandersetzungen in der Gegend von Perg aber ebenfalls, wenn auch mit einer ganz anderen Schlussfolgerung, beschrieben:9)

Die Jahre 1595 und 1596 waren durch viele Bauernrevolten gekennzeichnet. Viele Verordnungen schränkten das Leben der Landbewohner sehr ein und alle Waffen mussten abgegeben werden. Aber Kaiser Rudolf II. verfügte auf der anderen Seite auch ein Beschwerderecht für Unteranen bei der Landeshauptmannschaft und die Begrenzung der verhassten Robot auf vierzehn Tage im Jahr.

Im Machland drohte ein Aufstand. Hans Ortner aus der Pfarre Naarn wurde Anführer einer Gruppe von Bauern, denen sich viele Handwerker und auch Bürger anschlossen. Der Graf Gotthard von Starhemberg unternahm mit seinen Truppen, darunter 400 Wallonen einen Streifzug durch das Machlandviertel und das Mühlviertel. Dabei ging er sehr hart vor. Viele gefangene Bauern, die verdächtigt wurden, den Aufständischen anzugehören, wurden sofort hingerichtet und so mancher Bauernhof wurde eingeäschert.

Jene, die nicht hingerichtet wurden, mussten einen Eid leisten und wurden wieder auf freien Fuß gesetzt. Leider sind keine Aufzeichnungen (Landgerichtsakten) mehr vorhanden und daher auch keine Namen. Dass auch welche aus dem Raum Perg und Umgebung dabei waren, ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen.


Die Familie Lanß


Die Ehegattin von Lienhart Lanß, Anna Weigl, galt als ein Musterbeispiel echter Frömmigkeit und eine Zierde ihres Geschlechtes. Sie verstand es in trefflicher Weise, die Tugenden der Eltern und Voreltern auf ihre Kinder zu übertragen und nicht allein durch Wort, sondern auch das gute Beispiel den Aufgaben der Erziehung zu entsprechen. Sie starb 1597. In dieser Zeit der Trauer kam auch Thomas Lansius für einige Monate aus Tübingen nach Perg zurück, setzte dann aber seine Studien wieder fort.

Lienhart Lanß starb 1598. Auch zu diesem traurigen Anlass kam Thomas Lansius wieder nach Perg um die häuslichen Verhältnisse zu ordnen. Bei der Erbschaftsverteilung soll es nicht den mindesten Streit oder Wortwechsel gegeben haben.

Die Tuchscherer-Werkstätte und das Wohnhaus von Lienhart Lanß soll sich am nördlichen Ufer in der Nähe der Seyr-Brücke befunden haben. Ein Nachfolgebau musste erst im 20. Jahrhundert dem Ausbau der Naarntalstraße weichen.

Autor: Franz Pfeiffer

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1)  Florian Eibensteiner: Das Marktwappen von Perg. In: Perg, Oberösterreich, Illustriertes Heimatbuch von Florian und Konrad Eibensteiner, Perg, 1933, S. 40f.
2) Florian Eibensteiner: Marktrichter und Bürgermeister von Perg. Ebenda, S. 44f.
3) Florian Eibensteiner: Der Palstab im Marktarchiv von Perg. Ebenda, S. 42f.
4 Benedikt Pillwein: Etwas Merkwürdiges und äußerst wenig Bekanntes vom Markte Perg im unteren Mühlviertel von Oberösterreich. In: Amts- und Intelligenz-Blatt der k.k. priv. Salzburger-Zeitung vom 29. Juli 1839
5) Dr. Thomas Lansius. Ein "halbvergessener" Perger. In: Perg, Oberösterreich, Illustriertes Heimatbuch von Florian und Konrad Eibensteiner, Perg, 1933, S 106ff.
6) Florian Eibensteiner: Ein "halbvergessener" Perger. In: Heimatgaue, Jahrgang 3, 1922, S. 110 bis 115.
7) Thomas Lansius, Michael Ziegler: Disputatio physiologica de rerum naturalium principiis, Tübingen, 1596, lateinisch, 27 Seiten
8) Sammelband mit Ausführungen von Josef Demler und Christoph Kaldenbach
9) Leopold Josef Mayböck: Der Markt Perg vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Kaiser Rudolf II. (1552 bis 1612). In: Franz Moser, u. a., Heimatbuch der Stadt Perg, Heimatverein Perg und Stadtgemeinde Perg (Herausgeber), Linz, 2009

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